Curt-Bär-Weg

Curt Bär, 1901 geboren,

Lehrer,

gestorben 1981;

Widerstandskämpfer gegen den Nationalsozialismus

 

Am 1.2.1901 wurde Curt Bär als Sohn des Kapitäns Hermann Karl Bär und seiner Frau Bertha Elise Martha Bär, geb. Waisen, geboren. Er wuchs in Hamburg-Harvestehude auf. Schon Anfang des Jahrhunderts gehörte Harvestehude zur gehobenen Wohngegend, in der sich auch viele jüdischer Familien ansiedelten, so daß er schon als Kind jüdische Freunde hatte.

Von 1907 bis 1916 besuchte er die Realschule an der Bogenstraße (dem heutigen Bismarck-Gymnasium) und schloß diese mit dem "Einjährigen", der Mittleren Reife ab. Anschließend bis 1919 besuchte er die Oberrealschule Eimsbüttel, um das Abitur zu machen. Von 1919 - 1920 und wieder von 1922 bis 1924 studierte er an der neu gegründeten Hamburger Universität Mathematik und Physik.

 

Durch Kontakte von Mitstudenten und Mitstudentinnen zur Universität Göttingen und dem dort tätigen Leonard Nelson beschloß Curt Bär, 1920 in Göttingen weiterzustudieren. Göttingen besaß zu jener Zeit den Ruf als "Weltmekka" der Mathematiker und Physiker.
Diese Jahre in Göttingen waren wohl ausschlaggebend für sein ethisches und
demokratisches Verhalten Jedermann gegenüber. In der Göttinger Zeit hat er sich
dem IJB (Internationaler Jugendbund), 1926 umbenannt in ISK (Internationaler
Sozialistischer Kampfhund) angeschlossen.

 

Curt Bär blieb auch nach seiner Zeit in Göttingen weiterhin Mitglied im IJB, dem späteren ISK. Der ISK hatte im Gegensatz zu SPD und KP nur eine verhältnismäßig kleine Mitgliedschaft, wurde aber darum vom Hitler-Regime nicht weniger bekämpft Fast alle, die nicht rechtzeitig emigrieren konnten, wurden verhaftet und zum Teil umgebracht. Die Mitglieder des ISK haben nach der Machtergreifung Hitlers sehr vorsichtig, aber darum
nicht weniger effektvoll im Untergrund weiter gearbeitet. Das hat sie jedoch nicht vor Verfolgung und Verhaftung bewahrt. Die ins Ausland emigrierten Mitglieder haben von dort aus weiterhin operiert, und viele sind nach dem
Zusammenbruch des "1000-jährigen
Reiches" nach Deutschland zurückgekehrt und haben sich aktiv am demokratischen Wiederaufbau der Bundesrepublik Deutschland beteiligt.

 

Seine Bergedorfer Tätigkeit begann 1926 und ging bis 1931, zuerst als Studienassessor, später als Studienrat an der Hansa-Schule. Ende 1931 erhielt er einen dienstlichen Verweis, weil er die sogenannte "Standesehre" verletzt hatte und wurde strafversetzt an die Volksschule von-Essen-Straße.

 

Er hatte am Bahnhof Bergedorf öffentlich Schriften des ISK verteilt, die zur linken Einheitsfront gegen den anwachsenden Nationalsozialismus aufriefen. Ostern 1933 endete vorerst für die nächsten 12 Jahre seine Tätigkeit als Studienrat. Die Nazis hatten ihn aus dem Staatsdienst entfernt.

 

In Bergedorf wohnte er zuerst im Reetwerder und später im Heinrich-Heine-Weg. 1929 lernte er Inge Lürtzing, die seit 1926 in der Siedlung Nettelnburg wohnte, kennen. Sie heirateten am 21. April1932 und zogen dann nach Barmbek.

 

Seine Schwester Magda, Lehrerin und früheres KPD-Mitglied der Hamburger Bürgerschaft, wurde ebenfalls aus dem Staatsdienst entlassen. Früher war es Lehrerinnen als verheiratete Frauen verboten, ihren Beruf auszuüben. Nachdem ihr nun Berufsverbot erteilt worden war, heiratete sie ihren langjährigen Lebensgefährten Paul Thürey (im Hamburger Stadtteil Ohmoor ist eine Straße nach beiden benannt worden, Thürey-Straße).

 

Da die Versammlungsmeldung für den Hamburger ISK die Sache Curt Bärs war, war er der Polizei aktenkundig. Dieses hatte zur Folge, daß eine erste Hausdurchsuchung Ende 1932, eine zweite im April1933 und eine dritte Mitte 1933 durch ein "Kommando zur besonderen Verwendung" (KzbV)- das waren selbsternannte Hilfstrupps der Polizei aus rüden SS-Männern durchgeführt wurden. Das KzbV stahl mehrere Zentner Bücher und vieles andere mehr. Am 9. August 1933 meldete sich Bär aufgrund einer Vorladung im
Hamburger Stadthaus. Er wurde ins Konzentrationslager Fuhlsbüttel gebracht. Da das Geld zu Ende ging, gab seine Frau die Wohnung auf und zog zurück in die Siedlung Nettelnburg.

 

Von Fuhlsbüttel ging es ins Konzentrationslager nach Wittmoor zum Torfstecken. Am 27. Oktober 1933 wurde er aus der "Schutzhaft" entlassen.

 

Während der gesamten Zeit bis zur Verhaftung am 5. Juni 1936 durch SS-Männer war das Ehepaar weiterhin für den ISK illegal tätig. Danach setzte seine Frau die illegale Arbeit allein fort. Fünf Monate saß Curt Bär im Konzentrationslager Fuhlsbüttel in Einzelhaft und war Folterungen und den unmenschlichsten Verhören durch die SS ausgesetzt. Von März
1937 -mit einer kurzen Unterbrechung- bis zur Verurteilung wegen Vorbereitung zum Hochverrat am 7. Dezember 1937 kam er ins Untersuchungsgefängnis Hamburg am
Holstenglacis. Und wie er ausführt, kam
er sich dort nach der KZ-Zeit wie "im
siebenten Himmel" vor.

 

Curt Bär wurde vom Volksgerichtshof zu vier Jahren Zuchthaus verurteilt und verbrachte diese Zeit im Zuchthaus Oslebshausen nahe Bremen. Am 7. Juni 1940 wurde er entlassen. Erst zu dieser Zeit lernte er seine am 12. April1938 geborene Tochter Lisa kennen. Seine zweite Tochter Ingrid wurde am 3. Juni 1942 geboren.

 

Die Nazizeit hat auch in seiner Familie tiefe Wunden gerissen. Sein Schwager, Paul Thürey, wurde am 2. Juni 1944 zum Tode verurteilt. Am 26. Juni 1944 wurde dieses Urteil im Hofe des Hamburger Untersuchungsgefängnisses vollstreckt. Seine Schwester, Magda Thürey, wurde 1943 in Schutzhaft genommen und kam erst nach Ende des Krieges todkrank wieder frei. Am 17. Juli 1945 starb sie an den Folgen der Haft.

 

Nach dem Krieg konnte Curt Bär wieder als Studienrat tätig sein, zuerst an der Hansa-Schule und später am Kirchenpauer-Gymnasium in Hamm. Er konnte seine Schüler mitreißen und an diese weitergeben, was für ihn so unsagbar wichtig war, Toleranz, Ethik, demokratisches Verständnis und die Liebe zu seiner Mathematik.

 

Das Ehepaar Bär, insbesondere aber Frau Bär hat ihren Kindern sehr viel über die Nazizeit erzählt. Was sie jedoch nicht zu hören bekamen, waren Einzelheiten über die Haftzeit des Vaters. Die körperlichen und seelischen Folterungen, die er während dieser Zeit hat erleiden müssen, haben seine Kinder erst durch seine schriftlichen Darlegungen
erfahren. über 30 Jahre hat er benötigt, um sich darüber zu äußern.