Herbert-Pardo-Weg
Dr. Herbert Pardo, geb. 1887 in Hamburg,
Rechtsanwalt,
als Sozialdemokrat Mitglied der Hamburger Bürgerschaft von 1919 bis 1931,
1933 emigriert, gestorben 1974 in Israel;
Verfolgter des Nationalsozialismus
Herbert Pardo wurde am 20. August 1887 in Hamburg geboren. Er entstammt einer seit dem 17. Jahrhundert in Hamburg bzw. in Altona lebenden jüdischen Familie. Als Sohn eines kleineren
Fabrikanten hatte er mit noch 2 Schwestern und 2 Brüdern an der Seite seiner Mutter früh eine Rolle besonderer familiärer Verantwortung übernommen. Im Alter von 25 Jahren begann er die für ihn
einzig erstrebenswerte Laufbahn. Er wurde Rechtsanwalt, ein glänzender Strafverteidiger und als Politiker engagiertes Mitglied der
Hamburger Bürgerschaft. Sein besonderes Anliegen war die Reform des Vollzugs in den Hamburger Strafanstalten, vornehmlich in der Jugendstrafanstalt Hanöversand, und die
Resozialisierung der Entlassenen. Er war ein Mensch der strengen humanitären Grundsätze, der Ideale von der Freiheit eines jeden Menschen und der Gleichheit aller vor
dem Gesetz.
Als prominenter Anwalt hatte er es vor 1933 zu einem erheblichen Wohlstand gebracht. Ein Haus zu erwerben für sich und seine Familie, hatte er immer bewußt abgelehnt, gegen das allgemein
herrschende Vorurteil, daß Juden Spekulanten seien, die von allem Besitz ergriffen. So lebte man in einer weiträumigen Wohnung in der Rothenbaumchaussee, aber auch immer mit einem deutlichen
Akzent von Bescheidenheit. Von den Seinen hatte er
stets absolute Solidarität mit seinem Anwaltsberuf verlangt. Alles andere hatte dahinter zurückzustehen. Erforderliche Anschaffungen im Privatbereich waren oft nicht möglich, weil er
z.B. die Mittel für einen entlassenden Gefangenen brauchte, wenn dieser ein Handwerkszeug für den Wiedereintritt ins bürgerliche Leben benötigte.
Aus seiner Erfahrung der persönlichen Gleichberechtigung, als Angehöriger einer Minderheit, der überall Anerkennung gefunden hatte, war sein schneller Entschluß, 1933 beim Berufsverbot der jüdischen Rechtsanwälte Deutschland zu verlassen, als ein ausdrückliches Zeichen treuer Verbundenheit mit den Sozialdemokratischen Parteifreunden zu verstehen. Als Sozialdemokrat wanderte er aus, als Jude wäre er noch geblieben, so sagte er erst später. Sein Entschluß auszuwandern, wurde aus Liebe zu seinen beiden Söhnen unterstrichen, die sich durch eine landwirtschaftliche Vorbildung schon auf ein Leben im Kibbuz vorbereitet hatten.
Nach dem Krieg kehrte Herbert Pardo bereits 1947 nach Hamburg zurück, womit er in Israel erheblichen Anstoß und auch hier erhebliches Aufsehen erregte. Ein kleines Unternehmen, das er dort mit seinem Bruder führte, hatte als Existenz keinen Bestand. Er und die Seinen erlebten in Israel ein entbehrungsreiches Pionierdasein. Der Bruder verstarb dort alsbald. Seine Schwestern kamen in Deutschland im Konzentrationslager um.
Pardo fühlte sich als Deutscher, hatte den ersten Weltkrieg mitgemacht und erzählte oft von den schwierigen Aufgaben, die ein junger Kriegsgerichtsrat zu lösen hatte. Als leidenschaftlichem Sozialdemokraten schwebte ihm eine umfassendere, humanere Vaterlandsliebe vor zu einem Deutschland, das im Frieden und im Verein mit seinen Nachbarn leben sollte. Er war sehr anglophil. Ohne die zionistische Begeisterung seiner Söhne wäre er vielleicht eher nach England gegangen.
Nach seiner Remigrierung baute er seine Praxis aus dem Nichts wieder auf, in der auch vor allem politisch und "rassisch" Verfolgte in ihren Ansprüchen betreut wurden. Es gab noch einige fruchtbare Berufsjahre, ehe die Kräfte verzehrt waren.
Im Nachkriegsdeutschland ging er nicht mehr in die Politik zurück, obgleich ihm jegliche Karriere offengestanden hätte. Auf die Frage, was ihn zur Rückkehr bewogen hatte, antwortete er versonnen: "Ich bin nicht nach Deutschland zurückgekommen . Es geht mich nun nichts mehr an. Ich bin nach Hamburg heimgekehrt, die Stadt mit der ununterbrochenen republikanischen Tradition." Der Genugtuung, im späteren Lebensalter noch einmal eine Praxis gegründet zu haben, mischte sich ein bitterer Tropfen bei: Seine beiden Söhne, die als Arbeiter in einem Kibbuz lebten und auf die er so stolz war, konnten seine Nachfolge nicht antreten.
Als die Zeit der endgültigen Heimkehr nach Israel nahte, zögerte er, ging immer wieder allein durch die Hamburger Straßen oder fuhr mit der Straßenbahn, von der er immer schwärmte und der er seine Unabhängigkeit verdankte, ziellos umher.
In Israel angekommen, erkrankte er schwer und erduldete in den Jahren bis zu seinem Tode 1974 alle Körperqualen heroisch und die demütigen Umstände seines Lebens in tiefer Seelenverbitterung. Seine Frau folgte ihm bald nach. In einem kleinen Hain bei Caesarea ruht sie an seiner Seite in der Nähe des Kibbuz, wo Söhne, Enkel und Urenkel leben.
Der Gertrud-Pardo-Weg in Hamburg-Fuhlsbüttel wurde nach einer Schwester des Dr. Herbert Pardo benannt, die von den Nazis ermordet worden ist.